Was ist für Jugend in Pandemiezeiten relevant?

Veröffentlicht von Philipp Sorgatz 29. Januar 2021

 

„Das letzte Jahr war für mich wie ein schwarzes Loch. Die Zeit ist nicht nur stehengeblieben, sie war einfach weg. Da fehlt was und ich kann das auch nicht wieder rückgängig machen oder aufholen. Ich habe Angst du blicke mit Sorgen in die Zukunft.“

 

Das sagte mir Sabrina (21), die Tochter meines Kollegen Dieter, über ihre persönliche Situation in Corona-Zeiten. Ich nehme das zum Anlass, um meine Gedanken als politisch denkender und handelnder Mensch, als Sozialdemokrat und Jugendpolitiker, aufzuschreiben. Dabei lege ich den Fokus auf die Situation und die Perspektiven von Jugendlichen.

Die Corina-Pandemie verändert jetzt schon seit 10 Monaten unser Leben, unseren Alltag. Jugendliche sind jetzt in der Gegenwart von den pandemiebedingten Einschränkungen in besonderer Weise betroffen – und Corona wird auch ihre Zukunft noch maßgeblich beeinflussen.

 

Was ist für Jugend in Pandemiezeiten relevant?

  • Junge Menschen sind durch das Corona-Virus zwar tendenziell gesundheitlich weniger gefährdet. Sie sind aber umso stärker betroffen von den Maßnahmen zur Virus-Eindämmung und den damit verbundenen sozialen Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgen.

 

  • Junge Menschen müssen kurz vor oder am Anfang ihres Berufslebens mit unsicheren Zukunftsperspektiven Besonders groß sind die Sorgen junger Menschen, die sich an den Übergängen zwischen Schule, Ausbildung, Studium oder Beruf befinden.

 

  • Wir müssen im Blick haben, was auf junge Menschen zukommt, die gerade ihren Abschluss oder ihre Ausbildung

 

  • Wie kann etwa eine Ausbildung im Reise- oder Tourismusbereich gelingen, wenn eigentlich nur Stornoanfragen zu bearbeiten sind oder – noch schlimmer – wenn der Ausbildungsbetrieb Pleite macht?

 

  • Wie geht es denen, deren Studi-Job gekündigt wurde oder die um ihre befristete Stelle bangen oder denen der Einstieg auf dem Arbeitsmarkt gerade deutlich schwerer fällt?

 

  • Wie geht es denen, die sich ihr Zimmer mit Geschwistern teilen müssen und nicht die technischen Voraussetzungen oder Unterstützung zuhause für den digitalen Unterricht haben?

 

  • Auch hier macht sich bemerkbar, dass bestehende soziale Ungleichheiten im Zuge der Corona-Krise verstärkt werden können.

 

  • Die Corona-Einschränkungen begrenzen junge Menschen in ihrer natürlichen Entwicklung und in ihren sozialen Bedürfnissen. Jugendliche befinden sich in einer Entwicklungsphase, in der es besonders wichtig ist, sich mit Gleichaltrigen zu treffen, sich auszutauschen, sich zu finden. Das alles geht allein per Homeschooling und im Netzt nicht. Wir muten den Jugendlichen echt viel zu – und die allermeisten ertragen das in bemerkenswerter Weise.

 

  • Alle Untersuchungen bestätigen: Die meisten jungen Menschen halten sich an die Regeln zur Pandemiebekämpfung. Die Trennung verläuft zwischen Unvernünftigen und Vernünftigen. Nicht zwischen Jung und Alt. Jugendliche haben von Anfang an in der Corona-Krise ihre Eltern, Großeltern, Nachbarn unterstützt. Natürlich sorgen sich viele junge Menschen auch um ihre Eltern oder Großeltern und wollen diese nicht anstecken. Das alles war und ist: gelebte Solidarität und soziales Engagement generationenübergreifend.

 

  • Aus aktuellen Studien wissen wir aber auch, dass mit Dauer der Pandemie auch Ängste und Sorgen in Bezug auf die eigene Zukunft zunehmen. Viele leiden unter Einsamkeit und vermissen ihre sozialen Kontakte und Freizeitaktivitäten. Besonders einschneidend ist es natürlich, wenn einmalige Lebensereignisse, etwa der Schulabschluss, der 18. Geburtstag oder ein Auslandssemester nun unter diesen Umständen begangen werden müssen.

 

  • Schließlich machen alle Untersuchungen zum Verhalten und zur Haltung von Jugendlichen in Zeiten von Corona deutlich, dass sich viele Jugendliche nicht ausreichend wahrgenommen und gehört fühlen und dass sie nur in ihrer Rolle als Schülerinnen und Schüler gesehen werden.

 

Was kann der Staat/die Politik tun?

 

  • Der Lebensalltag junger Menschen hat sich durch die Corona-Pandemie in allen Bereichen massiv verändert. Das wirkt sich natürlich auf ihr Empfinden und Erleben aus.
  • Wir dürfen diesen jungen Menschen aber nicht jetzt schon den Stempel „Generation Corona“ aufdrücken. Im Gegenteil: Wir müssen alles dafür tun, dass diese Pandemie keinen maßgeblichen Einfluss auf die Zukunftschancen junger Menschen hat und später als verlorene Lebenszeit gesehen wird.
  • Jugendpolitik ist eine gesellschaftliche Gesamtaufgabe und wir alle müssen Verantwortung für die junge Generation übernehmen. Egal, ob Jugendhilfe oder Bildungspolitik, ob Mietrecht oder Arbeitsmarkt – Vorhaben und Entscheidungen in allen Politikfeldern haben Auswirkungen auf junge Menschen. Daher ist es wichtig, die Perspektiven der jungen Generation ressortübergreifend zu berücksichtigen.
  • Es kommt darauf an, dass die Situation junger Menschen bei der Bekämpfung der Pandemie eine wichtige Rolle spielt und junge Menschen auch gehört werden.
  • Natürlich haben wir es mit einer politischen jungen Generation zu tun, die nicht nur in der momentanen Situation mitreden und mitgestalten will. Es braucht jugendgerechte Informationen zu politischen Entscheidungen und wir müssen jungen Menschen mehr Beteiligung ermöglichen.
  • Wenn es etwa um die Frage der Schulöffnung geht, heißt das, dass wir neben den Herausforderungen der Digitalisierung und neben den Perspektiven von Lehrerinnen und Lehrern und Eltern noch stärker auch die Meinung der Schülerinnen und Schüler einbeziehen müssen. Und zwar sowohl die ernst nehmen, die sich vor einer Ansteckung im Präsenzunterricht sorgen, als auch diejenigen, die aufgrund fehlender Geräte oder Unterstützung zuhause im Digitalunterricht noch weiter abgehängt werden.
  • Wir dürfen Jugend aber eben nicht immer nur im Kontext Schule thematisieren. Im Freizeitbereich ist es zum Beispiel während und nach dieser Pandemie wichtiger denn je, die soziale Infrastruktur zu sichern und Freiräume zu erhalten – also freie Zeiten und Orte, die junge Menschen selbst gestalten können.
  • Dazu gehören die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendarbeit. Da darf es keine Kürzungen geben.
  • Wir müssen die Krise auch zum Anlass nehmen, den gesellschaftlichen Wandel gemeinsam mit der jungen Generation zu gestalten.

 

Autor:

Rainer Wiebusch, Co-Vorsitzender der SPD Alt-Hohenschönhausen

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